Kopf­tuch-Ver­bo­te an Schulen

Ein 14-jäh­ri­ges Mäd­chen, von den Medi­en Ley­la genannt, wird von der Schu­le Thun ver­wie­sen, weil es ent­schlos­sen hat, ein Kopf­tuch gemäss sei­ner reli­giö­sen und kul­tu­rel­len Über­zeu­gung zu tra­gen. Der Reflex, hier eine Kul­tur- und Inte­gra­ti­ons-Debat­te los­zu­tre­ten, ist fehl­ge­lei­tet und falsch.

Die Ver­fas­sung garan­tiert uns allen nach Art. 10 BV per­sön­li­che Frei­heit und das Recht auf Selbst­ent­fal­tung und ‑ver­wirk­li­chung. Dies umfasst unter ande­rem das Recht, dass jeder sel­ber über sei­ne Klei­dung und sein Out­fit ent­schei­den kann. Die­ses Grund­recht gilt natür­lich nicht unein­ge­schränkt. Sobald sexu­el­le Aspek­te das Äus­se­re eines Men­schen domi­nie­ren, kann das Recht auf per­sön­li­che Frei­heit gewis­sen Ein­schrän­kun­gen unterliegen.

Wir spre­chen hier nicht über eine Bur­ka. Es geht um ein Kopf­tuch, wel­ches das Gesicht des Mäd­chens nicht ver­deckt. Bur­kas an Schu­len sind dage­gen nicht zu tole­rie­ren, nur schon weil die Iden­ti­tät des Men­schen nicht mehr erkenn­bar ist. Aber es geht in die­sem Fall nicht dar­um, über Bur­ka­ver­bo­te zu dis­ku­tie­ren. Ein Kopf­tuch ist der Stein des Anstosses.

Wir könn­ten ver­gleichs­wei­se über Ver­bo­te von T‑Shirts mit Auf­schrift, über Ver­bo­te von Müt­zen, über Ver­bo­te von zeris­se­nen Jeans, über Ver­bo­te von Pier­cings und Tat­toos debat­tie­ren. Dann wird uns allen schnell klar, dass ein Ver­bot eines Kopf­tu­ches eine unver­hält­nis­mäs­si­ge Ein­schrän­kung unse­res eige­nen Rech­tes, die Erschei­nung zu bestim­men, bedeu­tet. Hier liegt des Pudels Kern begraben.

Das Ver­bot, ein Kopf­tuch zu tra­gen, ist ein unver­hält­nis­mäs­si­ger Ein­griff in die Selbst­be­stim­mung die­ser Jugend­li­chen. Dar­über hin­aus ist ein ein Ein­griff in unse­re ver­fas­sungs­mäs­si­gen Rech­te. Kopf­tuch­ver­bo­te an Schu­len sind mit unse­rer Ver­fas­sung nicht ver­ein­bar. Das Bun­des­ge­richt wird sich die­ser Mei­nung hof­fent­lich anschliessen.

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CC BY-NC 4.0 Kopf­­tuch-Ver­­­bo­­te an Schu­len von Domi­nic Zschok­ke ist lizen­ziert unter Crea­ti­ve Com­mons Namens­nen­nung-Nicht­Kom­mer­zi­ell 4.0 inter­na­tio­nal.

Ein Kommentar

  1. Ich hal­te ja das Kopf­tuch für ein Zei­chen der reli­giö­sen Unter­drü­ckung der Frau. Inwie­fern die Selbst­en­fal­tung der Mäd­chen, die das Kopf­tuch wegen Ihrer Väter tra­gen müs­sen, beein­träch­tigt ist, müss­te man natür­lich auch noch the­ma­ti­sie­ren. Bei den kon­ser­va­ti­ven Mos­lems gibt es ja gera­de­zu einen Reli­gi­ons­zwang. Die­sen dann durch unse­re libe­ra­le Reli­gi­ons­frei­heit zu legi­ti­mie­ren, legt die Gren­zen unse­res Sys­tems offen.

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