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Die Akti­on «Mir lan­gets» und ihre KritikerInnnen

Ein ganzseitiges Wahl-Inserat einer schweizerischen Partei auf der Titelseite der Pendlerzeitung "20 Minuten" war für Donat Kaufmann, einen 26 jährigen Studenten, Anstoss, mittels Crowdfunding ein Projekt zu lancieren. Sein Intention war, mittels unzähliger Mikro-Spenden die Titelseite von "20 Minuten" zu kaufen, um eine Zeichen gegen undurchsichtige Parteifinanzierung und Inhaltslosigkeit im Wahlkampf zu setzen. Die Spender sollten die ungeheure Summe von ungefähr 138'000 Franken für die Schaltung des Titelseiten-Inserates aufbringen. Jeder Spender würde namentlich erwähnt und auf der Rückseite stünde die Botschaft: Aufmerksamkeit kann man kaufen. Unsere Stimmen nicht.

Das Crowdfunding-Projekt traf den Nerv der Zeit und der Spender. Innert kürzester Zeit wurde das Ziel übertroffen. Das Inserat wurde am 14. Oktober termingerecht geschaltet. Auch organisatorisch hat der junge Mann alles richtig gemacht. 12'000 Menschen haben sich unter einer simplen, aber verständlichen Botschaft versammelt und ein starkes Zeichen gegen inhaltslose und verschwenderische Parteienwerbung gesetzt. Damit, so könnte man meinen, wäre eine belebende Episode des schweizerischen Wahlkampfes abgeschlossen.

Doch nun bricht die Zeit der Nörgler, Besserwisser, Miesmacher, Kritiker und Polemiker an. Sie zaubern sofort das dümmste, oberflächlichste, naivste und erbärmlichste Null-Argument aller Zeiten aus dem Hut. Dieses Geld hätte man besser für humanitäre Zwecke, für Flüchtlinge, für Arme und Bedürftige eingesetzt, bemängeln sie. Dieses Argument hätte am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt durchaus seine Berechtigung. Nur kommt es zu spät und verfehlt die eigentlichen Adressaten. Diese Kritik hätte sich viel früher gegen alle Parteien, die Millionen für sinnbefreite Wahlwerbung verschwendet haben, richten sollen. Dass nun Zeitungen, welche sich daran gemästet haben, wagen, die einzige Protest-Aktion gegen genau diese sinnlose Wahlwerbung naiv-polemisch zu kritisieren, grenzt an bodenlose Frechheit oder totale Ignoranz.

Diese naive Kritik ist auch eine Beleidigung des Willens Tausender Spender. Die Spender haben bei vollem Bewusstsein und klarem Verstand entschieden, diese und genau diese Aktion zu unterstützen. Es war Ihnen ein tiefes Bedürfnis, mit einem kleinen Beitrag auf einen grossen Missstand unserer Demokratie aufmerksam zu machen. Sie wollten keine Flüchtlingshilfe leisten. Sie wollten nicht das AHV-Loch stopfen. Sie wollten kein neues Smartphone finanzieren und sie wollten nicht Armut und Ungerechtigkeit beseitigen. Nein, sie wollten nur Donats Aktion «Mir langets» unterstützen. Wer das nicht akzeptieren kann, verhöhnt und verspottet den Willen von 12'000 urteilsfähigen Spendern.

Nun leiden Besserwisser eben auch an einer bedauernswerten Passivität. Es stände Ihnen frei, alle ihre hochtrabenden Ideen selber mittels eines Crowdfunding-Projektes zu realisieren. Donat hat vorgemacht, dass es sich nicht um Hexerei handelt. Aber sie tun es nicht. Es ist einfacher, Donats erfolgreiches Projekt zu verschreien als selber aktiv zu werden gegen die von ihnen bemängelten Missstände. Wer anderen vorwirft das Falsche zu tun, sollte zuerst das Richtige getan haben. Doch gerade die schreibende Zunft bekundet grosse Mühe, wenn es darum geht, Worten Taten folgen zu lassen. Sie betrachten Worte als Selbstzweck und Spaltenfüller. Auch daran krankt der Journalismus.

Bevor selbsternannte PolemikerInnen und KritikerInnen das nächste Mal versucht sind, in die Tasten zu hauen, sollten sie zuerst das Hirn einschalten, und wenn sie keines haben, wenigstens das Maul halten.