Die neu­en Lei­den des Herrn Urner

Beim Ken­nen­lern-Gespräch wur­de Edgar Urner* von drei Kit­teln nach sei­nem Befin­den gefragt. Urners Blick has­te­te vom einen zum ande­ren. Schliess­lich fauch­te Urner die drei an: “Ich sage gar nichts, bevor ich nicht weiss, ob einer von Ihnen Mus­lim ist!”. Er lehn­te sich zurück und ver­schränk­te abweh­rend und ein wenig tri­um­phie­rend die Arme. Die drei gegen­über war­fen ein­an­der rat­lo­se Bli­cke zu. “Nicht… das ich wüss­te…”, ent­geg­ne­te der Mitt­le­re unsi­cher. Die bei­den ande­ren ver­nein­ten eben­falls. Aus­ge­zeich­net, sag­te Urner, dann kön­ne man ja Klar­text reden und end­lich mit die­sem Wischi­wa­schi auf­hö­ren. Man müs­se das Pro­blem bei der Wur­zel packen. Der Mitt­le­re nick­te ver­ständ­nis­voll und for­der­te Urner auf, sei­ne Sicht der Din­ge dar­zu­le­gen. “Sie sind über­all! Und alles, aber alles neh­men sie uns weg”, kreisch­te Urner. Zuletzt hät­ten sie uns auch noch die Wurst genom­men, und des­halb müs­se man han­deln, jetzt oder nie, brüll­te Urner sei­ne Gesprächs­part­ner an. “Inter­es­sant, fah­ren Sie fort.”, erwi­der­te der mitt­le­re Kit­tel und hak­te kurz etwas auf einem For­mu­lar ab.

Urner lief nun zu Best­form auf. Sein herr­sche­ri­scher Blick schweif­te über die vor ihm bro­deln­den Men­schen­mas­sen. “Es geht um die Wurst, mei­ne Damen und Her­ren!”, beschwor Urner sei­ne Zuhö­rer. “Wer uns die Wurst nimmt, will uns an den Kra­gen! Ver­ste­hen Sie?”, trumpf­te Urner auf und trom­mel­te mit dem Zei­ge­fin­ger auf den Tisch. Ob er das ein wenig aus­füh­ren kön­ne, frag­te die lin­ke Frau in Weiss. Die Wurst sei ja nur der Anfang, so Urner, nein, man kön­ne ja kei­nen Fuss mehr vor die Türe set­zen, ohne auf einen Gebets­tep­pich zu tre­ten. “So sieht’s aus, so weit ist es gekom­men!” keif­te Urner. Er leg­te eine rhe­to­ri­sche Pau­se ein. “Hören Sie Stim­men?” frag­te der Mitt­le­re. Gewiss, über­all und immer, von jedem höhe­ren Gebäu­de höre er die­se Muez­zin-Gesän­ge, bestä­tig­te Urner. “Da hilft es nicht ein­mal, dass ich im Auto «Im Aar­gau sind zwöi Lie­bi» auf vol­ler Laut­stär­ke höre”, don­ner­te Urner. “Wenn wir so wei­ter­fah­ren”, fuhr Urner fort, “enden wir noch alle im Halal”. Das sei Ara­bisch für Höl­le, füg­te er hin­zu, sei­ne Bil­dung betonend.

Der Kit­tel auf der rech­ten Sei­te frag­te Urner, wie die­se Höl­le denn aus­se­hen wür­de. Das füh­le sich an, als ob man in einem «süt­tig» heis­sen Koch­topf vol­ler Pou­let-Wie­ner­li schmo­ren müs­se, erklär­te Urner leicht ungläu­big. “Das haben sie nicht gewusst?” wand­te er sich fra­gend an sei­ne Gesprächs­part­ner. “Wie steht es mit Agres­sio­nen, Herr… äh… Urner, genau, Urner?”, woll­te der mitt­le­re Kit­tel wis­sen. Neben der Höl­le, genannt Halal, gebe es ja noch den Vor­hof zur Höl­le, und das sei ein Spiess­ru­ten­lau­fen durch all die­se lin­ken Gut­men­schen, führ­te Urner aus. “Das ist doch die Wurst, äh… Wur­zel allen Übels! Die wol­len uns Spankfer­kel-Erleb­nis-Rei­sen nach Argen­ti­ni­en ver­bie­ten. Sehen sie es nicht? Auch die­se Lin­ken sind voll­kom­men Halal! Dahin­ter steckt der eigent­li­che Angriff auf unser christ­li­ches Wurst­land und Welt­wild!”, schloss Urner.

Die drei Kit­tel zogen sich zur Bera­tung zurück. Nach fünf Minu­ten kehr­ten sie zurück und eröff­ne­ten Herrn Urner, dass man eine Lösung gefun­den habe. Der Chef-Kit­tel sag­te: “Wir wer­den Sie von die­sen ekla­tan­ten Pro­ble­men abschir­men, Herr Urner, bis sich die Lage da draus­sen zum Bes­se­ren gewen­det hat. Wir haben die Pflicht, Sie vor die­ser Welt zu schüt­zen.” Herr Urner bedank­te sich und wur­de von einer unbe­kann­ten Frau ver­ständ­nis­voll aus dem Zim­mer beglei­tet. Als Herr Urner nach 20 Jah­ren das Gebäu­de zum ers­ten Mal ver­liess, muss­te er kei­nem ein­zi­gen Gebets­tep­pich aus­wei­chen. In der Stadt, er hielt fast nicht für mög­lich, stiess er auf einen Wurst­stand und leis­te­te sich eine Kalbs­brat­wurst. Nach­dem er die­se genüss­lich ver­zehrt hat­te, ver­stand er, dass nun alles gut war. Und als er dann noch den Gesang einer Jod­ler­grup­pe ver­nahm, gab es für ihn kein Hal­ten mehr. Fast woll­te er «Im Aar­gau sind drü Lie­bi» sin­gen. Die drei Weiss­kit­tel hat­ten gan­ze Arbeit geleis­tet und hier draus­sen gründ­lich auf­ge­räumt, dach­te er und gönn­te sich eine die­ser Lila-Laune-Pillen.

*Name geän­dert, rich­ti­ger Name der Redak­ti­on bekannt.

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