flame of corona-virus

Die Krö­nung der Arroganz

Die Welt wird geplagt von einer Seu­che namens Coro­na. Dabei han­delt es sich um ein neu­ar­ti­ges Virus, wel­ches von Tie­ren, wahr­schein­lich von Fle­der­mäu­sen über einen Zwi­schen­wirt auf den Men­schen über­ge­gan­gen ist. Das Fach­wort für die­sen Vor­gang heisst Zoo­no­se. Der mensch­li­che Orga­nis­mus ist gegen die­ses Virus nicht oder nur schlecht gewapp­net, was zu schwe­ren Krank­heits­ver­läu­fen oder dem Tod füh­ren kann. Dies wur­de zu Beginn der Kri­se ver­nied­licht oder schön­ge­re­det. Es sei nur eine leich­te Grip­pe, liess der Volks­mund ver­lau­ten. Die­se Aus­sa­ge zeugt von einer Arro­ganz, wel­che die­ser Pan­de­mie über­haupt erst den Weg ebnete.

Arro­gant und igno­rant hat der Wes­ten nach Chi­na geschaut, als das Coro­na­vi­rus dort noch im ver­gan­ge­nen Jahr sein Unwe­sen zu trei­ben begann. Nach anfäng­li­chen Ver­tu­schungs­ver­su­chen hat die chi­ne­si­sche Füh­rung jedoch schnell begrif­fen, wel­che Gefahr von die­ser neu­ar­ti­gen Krank­heit aus­ging, und reagier­te dras­tisch. Wäh­ren­des­sen war man sich in Euro­pa und Ame­ri­ka sicher, dass die­ses Pro­blem nur Chi­na betrifft. Chi­na liegt weit, weit weg und hat nichts mit uns hier im Wes­ten zu tun, aus­ser dass sie eine Unmen­ge Güter für uns pro­du­zie­ren. So beru­hig­te man sich hier im Para­dies auf Erden. Wei­ter kamen und gin­gen Flü­ge nach Chi­na und von Chi­na in den Rest der Welt, und mit die­sen Flü­gen lan­det auch das Virus in Euro­pa und Amerika.

Schon begann es, in Ita­li­en zu bren­nen. Hier in der Schweiz hielt man es natür­lich für ein ita­lie­ni­sches Pro­blem, wel­ches das Alpen­land gewiss nicht zu erschüt­tern ver­moch­te. Wur­de ein­fach über­se­hen, dass zwi­schen Ita­li­en und der Schweiz ein reger Per­so­nen­ver­kehr herrscht? Wahr­schein­lich woll­te man ein­fach nicht wahr­ha­ben, das etwas auf uns zurollt, was unser Leben und unser Selbst­ver­ständ­nis für immer ver­än­dern soll­te. So steck­te man zuerst ein­fach den Kopf in den Sand — Vogel-Strauss-Poli­tik aus dem Bil­der­buch. Dann wur­den die ers­ten Fäl­le im Tes­sin gemel­det und der Flä­chen­brand nahm sei­nen Lauf. Arro­ganz und Igno­ranz haben sich nicht aus­be­zahlt. Wir bezah­len im Gegen­teil einen hohen Preis dafür, mensch­lich, sozi­al, wirtschaftlich.

Arro­gant war auch das Selbst­ver­ständ­nis des Men­schen, arro­gant war, zu glau­ben, die­se Natur wäre unser Unter­tan und nur dafür geschaf­fen, von uns aus­ge­beu­tet zu wer­den. Vor­ge­drun­gen sind wir in den letz­ten Win­kel der Erde. Die Lebens­räu­me der Tie­re haben wir zer­stört oder mit unse­rem Raum ver­mischt. Abge­knallt, geschlach­tet, gezüch­tet, gero­det, gebrand­schatzt und gefres­sen haben wir, als ob es kein Mor­gen gäbe. Doch die­se Natur — um mich an die Wor­te des hoch­ge­schätz­ten Harald Lesch anzu­leh­nen — ist viel älter als unse­re mensch­li­che Zivi­li­sa­ti­on, und sie hat zurück­ge­schla­gen. Wahr­schein­lich hat sie noch eini­ges mehr in peto als die­ses noch nicht apo­ka­lyp­ti­sche Virus. Die Häu­fung neu­ar­ti­ger Krank­hei­ten ist auf jeden Fall nicht zu über­se­hen. SARS, MERS, Schwei­ne- und Vogel­grip­pe sowie Covid-19 sind in einem Zeit­raum von nur 17 Jah­ren auf­ge­taucht. Beginnt sich hier eine Natur zu weh­ren gegen eine Spe­zi­es, wel­che sich ihr gegen­über sel­ber wie eine Krank­heit verhält?

Doch immer noch hof­fen vie­le, alles möge wie­der wie frü­her sein. Es kann nicht mehr wie frü­her sein. Es ist jetzt höchs­te Zeit, zu unse­rer Erde und deren Natur Sor­ge zu tra­gen und ihr den Respekt, den sie ver­dient, ent­ge­gen­zu­brin­gen. Das kann nur bedeu­ten, dass wir uns ein­schrän­ken müs­sen. Das wie­der­um kann nur mit einer Demon­tie­rung der Gol­de­nen Käl­ber des unend­li­ches Wachs­tums, Kon­sums und Fort­tram­pelns ein­her­ge­hen. Das ist die ein­zi­ge logi­sche Kon­se­quenz, die den Unter­gang des Homo Sapi­ens ver­hin­dern kann. Schliess­lich warnt uns nicht nur ein Virus, son­dern auch der erbärm­li­che Zustand der gan­zen Erde und des Kli­mas vor unse­rem dro­hen­den Exit. Jetzt oder nie muss der «den­ken­de» Mensch zei­gen, ob er fähig ist, die rich­ti­gen Schlüs­se für sein Über­le­ben zu zie­hen und auch danach zu handeln.

Skep­ti­zis­mus ist ange­zeigt. Fast alle war­ten nur dar­auf, wie­der die end­lo­se Par­ty des Kapi­ta­lis­mus zu fei­ern, auf das Gas­pe­dal zu drü­cken, um die Welt zu jet­ten, Häus­chen um Häus­chen aus dem Boden zu stamp­fen, unnö­ti­gen Bull­shit zu kau­fen, unnö­ti­ge Mee­tings der Wich­tig­tue­rei zu ver­an­stal­ten und über­haupt wie­der in den alten Trott der Deka­denz zu ver­fal­len. Das ist die Krö­nung unser Arro­ganz und führt direkt in den Abgrund. Dabei hät­ten wir in die­ser Aus­zeit die Mög­lich­keit gehabt, in uns und unse­ren Nächs­ten zu erken­nen, dass das Wich­tigs­te in unse­rem Leben ein­fach unbe­zahl­bar und nicht käuf­lich ist: Gesund­heit, Lie­be, Respekt, Freu­de, Freund­schaft, Zufrie­den­heit, Unter­stüt­zung. Das alles wird lei­der im Tanz der Arro­ganz und Igno­ranz wie­der in Ver­ges­sen­heit geraten.

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CC BY-NC 4.0 Die Krö­nung der Arro­ganz von Domi­nic Zschok­ke ist lizen­ziert unter Crea­ti­ve Com­mons Namens­nen­nung-Nicht­Kom­mer­zi­ell 4.0 inter­na­tio­nal.

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